Mit einem großen medialen Echo verkündete Christian Lindner am 01.07.2022 den vom Bundeskabinett verabschiedeten Haushaltsentwurf für 2023. [1]
Dabei fällt zunächst einmal auf, dass die Ausgabemittel des Ministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur von 36 auf 34,5 Milliarden Euro reduziert werden [2]. Nicht schlimm könnte man sagen, wenn innerhalb des Ressorts die Mittel so eingesetzt werden, dass sie die angestrebte Verkehrswende nachhaltig unterstützen würden.
Doch genau wie auch der Haushalt 2022 enttäuscht der neue Entwurf auf ganze Linie. Bereits bei der Bereinigungssitzung im Mai 2022 wurde deutlich, dass die bereitgestellten Haushaltsmittel im Verkehrsbereich nicht nur falsch priorisiert waren, sondern auch noch mit einem klaren Fokus auf die Straßeninfrastruktur ausgerichtet waren.
Damit war zu diesem Zeitpunkt bereits sehr deutlich, dass die Koalitionsziele der Bundesregierung, wie der „Deutschlandtakt“, oder die Verdopplung der Fahrgastzahlen der Bahn bis 2030 sowie auch die Steigerung des Marktanteils des Güterverkehrs auf 25 % hochgradig gefährdet sind.
Der jetzt vorgelegte Haushaltsentwurf macht deutlich, dass sich an der Grundhaltung der Bundesregierung, trotz massiver Kritik grundsätzlich nicht viel geändert hat. Die Zurücknahme der damals beschlossenen Kürzungen beim “Deutschlandtakt” und beim Neu- und Ausbau des Schienennetzes finden sich damit ebenso wenig, wie die notwendige Aufstockung des Investitionsetat für die Schieneninfrastruktur.
So werden im aktuellen Entwurf zwar 2 Milliarden Euro für die Kapazitätserweiterung des Schienennetzes bereitgestellt. Im gleichen Entwurf finden sich jedoch auch 3,86 Milliarden Euro für den Neu- und Ausbau des Fernstraßennetzes.
Gerade auch im Hinblick auf das beschlossene Entlastungspaket, in dem mit dem „9-Euro-Ticket“ auch Anreize für den Wechsel auf die öffentlichen Verkehrsmittel gesetzt werden sollte, wirkt die im Haushaltsentwurf zementierte Fokussierung auf den Straßenverkehr absurd.
Felix Schymura, Landesthemenbeauftragter “Verkehrspolitik” des Landesverbandes Bayern und Mitglied der AG “Verkehr und Mobilität” der Piratenpartei merkt dazu an:
„Es scheint als habe die Bundesregierung nichts dazugelernt. Mit dem jetzigen Entwurf des Haushaltsplanes werden sich weder die klimapolitischen Ziele erreichen lassen, noch wird es gelingen, den angestrebten Umstieg auf die öffentlichen Verkehrsmittel zu beschleunigen. Daneben werden wichtige Themen wir die Elektrifizierung des Bahnnetzes oder auch die notwendige Digitalisierung unmöglich sein. Mit diesem Haushaltsentwurf wird der notwendigen Verkehrswende (wieder einmal) eine Vollbremsung verpasst.”
Wenn man zusätzlich noch berücksichtigt, dass die Pro-Kopf-Investitionen in die Schieneninfrastruktur für Deutschland (88 Euro) weit hinter anderen Ländern hinterherhinken (Schweiz 440, Österreich 249, Luxemburg 567), ist die Fokussierung auf den Straßenverkehr noch weniger zu verstehen. [3]
Ob sich zudem die Hoffnung erfüllt, dass aus dem zukünftigen Klima- und Transformationsfond (KFT) genügend Mittel für die Schiene bereitgestellt werden, darf unter Berücksichtigung der aktuellen verkehrspolitischen Schwerpunkte der Bundesregierung deutlich bezweifelt werden.
Diese Entwicklung gilt es nun in den parlamentarischen Beratungen umzukehren. Insofern fordern wir alle Parlamentarier dazu auf, diesen Haushaltsentwurf zu stoppen bzw. die Investitionen in die Schiene deutlich zu erhöhen und somit ein eindeutiges Signal pro Verkehrswende zu setzen.
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