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Stellungnahme zum Industriestrompreis

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 5.5.2023 ein Arbeitspapier für das landläufig als „Industriestrompreis“ bekannte Konzept zur Deckelung des Strompreises für große Verbraucher vorgestellt. Wir haben dazu im Namen der Piratenpartei Deutschland eine Stellungnahme eingereicht.

Grundsätzlich sehen wir es als dringend notwendig an, dass die Strompreise ganz deutlich sinken. Energie aus Erneuerbaren Quellen steht in den meisten Fällen als Strom zur Verfügung und die universelle Einsetzbarkeit von Strom macht ihn zur zentralen Energieform für eine klimaneutrale, nachhaltige Wirtschaft. Dazu muss der Strom aber billiger werden und nicht durch Subventionen, sondern durch strukturelle Änderungen.

Wird bei der aktuellen Struktur des Strommarktes der Preis durch Subventionierung gedeckelt, dann landet dieses Geld bei den großen Stromversorgern und den Übertragungsnetzbetreibern. Es wird keine positive Wirkung auf die Kosten haben, denn der Preisdruck auf die Kunden reduziert sich zumindest teilweise. Daher ist von einem Mitnahmeeffekt wie beim Tankrabatt auszugehen, wo der Preisvorteil auch nur zu einem kleinen Teil an die Verbraucher durchgereicht wurde und die Ölkonzerne Rekordgewinne machten.

Das Arbeitspapier hat ein paar gute Punkte, die aber leider nicht im Vordergrund stehen. Statt dessen liegt der Schwerpunkt darauf den Strom für große Anbehmer zu subventionieren, um den Preis bei 6 ct/kWh zu deckeln. Und das nur für bis zu 80% des Stromverbrauches aus dem Vorjahr.

Die Limitierung auf 80% des vorherigen Verbrauches ist im Sinne eines Anreizes zur Energieeffizienz zwar sinnvoll, aber nicht im Sinne der Dekarbonisierung. So würde es einem Unternehmen erschwert von Gas oder Kohle auf elektrische Prozesse umzustellen.

Unser Fazit dazu ist, dass der vorgeschlagene Ansatz bis auf einzelne Punkte untauglich ist. Es geht kein Weg daran vorbei unser Energiesystem insgesamt auf den Prüfstand zu stellen und fit zu machen für die Zukunft. Das geht nicht indem man alte Strukturen subventioniert und so die tatsächlichen Kosten versteckt. Damit kauft man bestenfalls etwas Zeit, um dann in noch größere Probleme zu laufen. Es muss ein radikales Umdenken her, veraltete Konzepte wie die virtuelle Kupferplatte müssen weg, Strom kann nicht zum Standardpreis über beliebige Entfernungen transportiert werden.

Nachfolgend die Stellungnahme im kompletten Text:

Stellungnahme zum Arbeitspapier „Wettbewerbsfähige Strompreise für die energieintensiven Unternehmen in Deutschland und Europa sicherstellen“

Zunächst begrüßen wir als Piratenpartei Deutschland ausdrücklich, dass das BMWK in seinem Arbeitspapier vorsieht, eine unserer langjährigen Forderungen zumindest teilweise umzusetzen. Das Vorhaben, die Netzentgelte an die tatsächliche Entfernung zwischen Erzeuger und Verbraucher zu koppeln, sollte aber nicht auf wenige Großverbraucher beschränkt bleiben, sondern ein Grundprinzip werden.

Die fiktive Kupferplatte, durch die Strom überall zum selben Preis geliefert wird, obwohl dies teilweise physikalisch gar nicht möglich ist, sorgt für einen großen Teil der hohen Strompreise in Deutschland und Europa. Es muss endlich davon Abschied genommen werden, dass Strom nach dem Prinzip gehandelt wird, dass die Entfernung gleichgültig ist. Dadurch notwendige Eingriffe ins Netz treiben die Kosten in die Höhe und sorgen für die vermeintliche Notwendigkeit weiterer Stromtrassen mit zusätzlicher Kostensteigerung.

Eine Koppelung der Netzentgelte an die tatsächlich Entfernung würde auch die Akzeptanz für Großprojekte wie Windfarmen und Solarparks erhöhen, da es dann Kostenvorteile durch nahe gelegene Anlage gäbe.

Ebenfalls begrüßen wir die Zielsetzung durch PPAs (Power Purchase Agreements), mehr Markt und direkten Handel zwischen Erzeugern und Verbrauchern zu ermöglichen. Negativ sehen wir die staatlich finanzierten CfDs (Contracts for Difference). Erneuerbare sind schon lange die günstigsten Energiequellen, die hohen Kosten im Stromsektor sind nicht durch die nachhaltige Erzeugung verursacht, sondern durch nicht mehr zeitgemäße Handelsmechanismen und falsche Vorgaben beim Netzausbau.

Eine Absicherung durch Bürgschaften für Aktivitäten, die die Nachhaltigkeit steigern, sehen wir positiv. Grundsätzlich sind Rahmenbedingungen sinnvoll, die Investitionssicherheit bieten.

EE-Strom zu nutzen, statt abzuregeln ist der richtige Ansatz. Dazu ist es aber vielerorts notwendig, die Verteilnetze zu ertüchtigen. Im Gegensatz zu Stromtrassen sind die Bedingungen für den viel wichtigeren Ausbau der Verteilnetze schlecht, die Refinanzierbarkeit für die Betreiber ist unzureichend. Dazu gehört auch der Bau von Speichern. Wasserstoff ist kein geeignetes Speichermedium. Wasserstoff zu erzeugen macht nur da Sinn, wo er lokal in Prozessen wie Stahlerzeugung oder chemischer Industrie genutzt werden kann.

Eine staatlich finanzierte Senkung des Strompreises auf 6 ct/kWh ist nicht sinnvoll. Insbesondere die Deckelung auf 80% des Stromverbrauches macht keinen Sinn, da die Unternehmen im Zuge der Sektorenkoppelung mehr Strom benötigen und dafür fossile Energieträger reduziert werden. Zudem haben die bisherigen staatlichen Preisdeckel (Tankrabatt, Strom- und Gaspreisbremse) gezeigt, dass solche Mechanismen nicht funktionieren, sondern nur dazu führen, dass primär einige große Player im Energiesektor ihre Gewinne erhöhen.

Als sinnvolle Maßnahmen sehen wir die folgenden Punkte:

  • Ausbaugeschwindigkeit der EE steigern
  • Netzentgelte an die Entfernung koppeln
  • Verteilnetze ertüchtigen
  • Investitionssicherheit schaffen
  • Markt flexibilisieren
  • Preisfindung an der Strombörse ändern, die teuersten Erzeuger dürfen die Preise nicht mehr so stark beeinflussen
  • Physikalisch nicht möglichen und somit fiktiven Stromhandel unterbinden

Arbeitspapier des BMWK: „Wettbewerbsfähige Strompreise für die energieintensiven Unternehmen in Deutschland und Europa sicherstellen

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