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Neue Ladesäulenverordnung – guter Ansatz mit ein paar Lücken

Der Bundesrat hat am 17.09.2021 der Änderung der Ladesäulenverordnung ohne Änderungen zugestimmt – das verpflichtende Kreditkarten-Terminal wird also kommen. Änderungsempfehlungen der Ausschüsse wurden alle abgelehnt, ebenso ein Änderungsantrag aus Schleswig-Holstein.

Was sind die wesentlichsten Punkte der Verordnung?

In den jeweiligen Rechtsvorschriften wurde der Begriff „Elektromobil“ durch „elektrisch betriebene Fahrzeuge“ ersetzt. Dies scheint wohl auch unter dem Aspekt erfolgt zu sein, dass unter dem neuen Begriff auch sogenannte „Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge“ (PEHV) fallen sollen.

Die Anzeigepflicht für neue Ladepunkte an die Bundesnetzagentur wurde von 4 auf 2 Wochen verkürzt. Die Bundesnetzagentur verfügt jetzt ebenfalls über die Berechtigung, Ladesäulen bei Nichterfüllung der gesetzlichen Vorschriften stilllegen zu können. Dies betrifft auch die Ladepunkte mit maximal 22 kWh, die von den bisherigen Regelungen nicht erfasst wurden.

Es erfolgt eine Detaillierung, was unter einem „öffentlichen Ladepunkt“ zu verstehen ist. „Der Betreiber muss die Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis für potenzielle (sic!) Nutzer des Ladepunkts deutlich sichtbar machen. Dies kann durch eine Kennzeichnung, z.B. eine gut wahrnehmbare Bodenmarkierung oder durch das Aufstellen eines Schildes erfolgen, das die Nutzung z.B. auf Mitglieder, Gäste oder Mitarbeiter beschränkt.“ Kurz gesagt, die bisherige Pflicht für eine physische Abgrenzung entfällt, es reicht auch ein Schild, auf dem dies deutlich sichtbar gemacht wird.

Für neue öffentlich zugängliche Ladepunkte gilt, dass diese über eine Schnittstelle verfügen müssen, die genutzt werden kann, um Standortinformationen und dynamische Daten wie den Belegungsstatus zu übermitteln.

Diese Änderungen sollen, im Gegensatz zum nachfolgend betrachteten „Ad-hoc-Laden“, umgehend in Kraft treten.

Das sogenannte „Ad-hoc-Laden“ soll vereinfacht werden.

Ladesäulenbetreiber werden ab Juli 2023 dazu verpflichtet, mindestens eine kontaktlose Zahlung mittels gängiger Debit- und Kreditkarte als Mindeststandard anzubieten.

Die Ladesäule muss also über ein (physisches) Kartenlesegerät und ein PIN-Pad zur Eingabe der Geheimnummer verfügen. Eine zulässige Alternative dazu ist aber auch ein zentrales Terminal für mehrere Säulen.

Zu den Befürwortern diese Regelung gehören neben der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund) unter anderem auch der ADAC und Vertreter aus der deutschen Kreditwirtschaft.

Kritisch zum verpflichtenden Einbau der (physischen) Kartenlesegeräte äußerten sich der federführende Wirtschaftsausschuss, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit und der Verkehrsausschuss und auch diverse Verbände.

Wichtig dabei ist, dass bestehende Ladesäulen nicht nach- oder umgerüstet werden müssen. In der Ladesäulenverordnung ist, zumindest im Begründungsteil, auch festgehalten, dass an der Säule/dem Bezahlterminal auch weiterhin andere Bezahloptionen angeboten werden dürfen.

Die als „Zahlungsmittel“ weit verbreiteten Ladekarten (oder andere digitale Applikationen) werden damit auch weiterhin an diesen neuen Säulen genutzt werden können.

Die konkreten Änderungen der Ladesäulenverordnung rufen jedoch aus Sicht der „AG Verkehr und Mobilität“ ein zwiespältiges Echo hervor.

Natürlich kann es dem Ziel, Elektromobilität zu fördern, zuträglich sein, die Ladeinfrastruktur mit den auch aus dem „normalen Leben“ bekannten Zahlungsinstrumenten zu erweitern und damit für mehr Akzeptanz zu sorgen. Eine Installation einer anbieterspezifischen App oder dergleichen kann somit entfallen.

Es ist zu erwarten, dass eingedenk dieser Regelung noch vor dem 01.07.2023 eine Vielzahl von Ladesäulen installiert wird, um dem verpflichtenden Einbau zu entgehen. Salopp gesprochen ist dies aus Sicht der Verbraucherinnen und Verbraucher zu begrüßen, wenn schneller mehr Ladepunkte zur Verfügung stehen. Ob dies allerdings der Intention der neuen Ladesäulenverordnung entspricht, glauben wir mal eher nicht.

Auf der anderen Seite führt die Neuregelung dazu, dass die notwendigen Investitions- und Betriebskosten komplett auf die Kundinnen und Kunden umgelegt werden. Dies kann bzw. wird dazu führen, dass sich der Preis pro kWh auf Dauer erhöhen wird. Zudem besteht die Gefahr, dass jeder Ladesäulenbetreiber bei Kartenzahlenden seinen eigenen Strompreis festlegen kann. Dies dürfte bei Anwendung dazu führen, dass es eine unterschiedliche Behandlung von Verbraucherinnen und Verbrauchern mit „Ladekarte“ (Kosten geringer, weil Abrechnung über Anbieter) gegenüber „Kartenzahlern“ gibt (Strompreis legt Ladesäulenbetreiber selbst fest).

Fazit:

Grundsätzlich begrüßen wir die Änderungen in der angepassten Verordnung. Insbesondere die dynamische Bereitstellung von Standortdaten und Belegungsinformation von Ladesäulen auf Open-Data-Basis trägt zu mehr Transparenz für die Verbraucherinnen und Verbraucher bei.

Ob jedoch allein mit der verpflichten Bereitstellung von Kartenterminals jedoch das angestrebte Ziel von mehr Elektromobilität, welches auch den Umstieg vom Verbrenner auf elektrisch angetriebene Fahrzeuge beinhaltet, unterstützt wird,  darf und muss bezweifelt werden.

Zudem wird es ab 2023 für die Nutzenden noch schwerer zu erkennen sein, an welchen Ladesäulen man mit Karte zahlen kann oder nicht. Der Parallelbetrieb von „alten“ und „Neuen“ Säulen wird sich dann noch über Jahre hinziehen. Insofern werden wir erst weit nach 2023 wissen, ob sich das Bezahlen mit physischen Kartengeräten als nennenswerter Anteil durchsetzt, oder die Verbraucherinnen und Verbraucher auch weiterhin die Ladekarten ihres bevorzugten Anbieters bevorzugen.

Aus Sicht der AG Verkehr und Mobilität wäre es zudem wünschenswert gewesen, wenn die neue Ladesäulenverordnung auch das Thema „Roaming“ aufgegriffen hätte. Dies würde ermöglichen, dass man mit allen Ladekarten an allen Säulen bezahlen kann, selbst wenn dies, wie bei Geldabhebungen üblich, einen kleinen „Aufpreis“ auf den Preis je kWh zur Folge gehabt hätte. Denn diesen hätte man dann auch per Rechtsverordnung deckeln können.

Ebenso vermissen wir eine Aussage zu „Plug-and-Charge“. Diese Technologie, wie von Tesla bereits seit Jahren “erfolgreich” verwendet, würde das Mitführen von Karten jeglicher Art überflüssig machen.

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