Energiepolitik

Stellungnahme zum Szenariorahmen zum Netzentwicklungsplan

Die Bundesnetzagentur machte bis zum 14.2.2022 eine öffentliche Konsultation, bei der Personen und Organisationen zum Szenariorahmen zum Netzentwicklungsplan Stellung nehmen können. Dieser Szenariorahmen dient als Grundlage für den Netzentwicklungsplan bis 2045. Der Netzentwicklungsplan wird Einfluss auf die Stromversorgung in Deutschland bis weit in die zweite Hälfte des Jahrhunderts haben.

Die AG Energiepolitk hat dazu eine Stellungnahme ausgearbeitet. Diese wurde als offizielles Statement der Piratenpartei eingereicht. Alle Punkte der Stellungnahme decken sich mit unserem Programm und der Zielsetzung eine zuverlässige, bezahlbare und nachhaltige Energieversorgung langfristig zu sichern.

Der Szenariorahmen setzt dagegen auf eine zentralisierte Struktur, die weder die Kosten unter Kontrolle halten wird, noch Versorgungssicherheit schaffen kann. Weder unter sozialen noch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten darf dieser Szenariorahmen so als Planungsgrundlage verwendet werden.

Nachfolgend der komplette Text, der in Namen der Piratenpartei Deutschland als Stellungnahme eingereicht wurde:

Der Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan bis 2045 setzt falsche Prioritäten und Ziele. Primärziele sollten Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit sein.

Unter Wirtschaftlichkeit ist in diesem Zusammenhang zu verstehen, dass die Kostenvorteile durch die steigende Nutzung der günstigeren Erneuerbaren Energien (EE) bei den Verbrauchern und der Gesamtwirtschaft ankommen müssen. Statt dessen wird auf eine „marktkonforme Entwicklung“ gesetzt, also es sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, einen möglichst weiträumigen Handel mit Strom treiben zu können.

(Szenariorahmen Seite 22)
Dies gefährdet die Versorgungssicherheit, treibt die Kosten für die Übertragungsnetze unnötig in die Höhe und behindert dezentrale Entwicklungen, die den Regionen und der mittelständischen Wirtschaft zugute kommen würden. So würde auch eine Abhängigkeit von den Nachbarländern geschaffen werden, da Deutschland nicht in der Lage wäre, sich gesichert selbst zu versorgen. Warum unsere Nachbarländer diese Verantwortung für uns übernehmen sollten, bleibt ungeklärt.

(Szenariorahmen Seite 24)
Die Planungen für den Nettostromverbrauch liegen unter dem Wert, der von der Bundesregierung voraussichtlich bereits zu niedrig angesetzt wurde. Das ist aber nicht direkt nachvollziehbar, da der Szenariorahmen keine Zahlen für 2030 angibt, sondern für 2037. Da diese aber nur knapp über denen liegen, die bisher von der Bundesregierung für 2030 angesetzt sind, ist davon auszugehen, dass die Zahlen deutlich zu niedrig sind. (Siehe auch S. 31, Abb 9)

Ebenfalls nicht nachvollziehbar sind die erwarteten Kapazitäten bei den verschiedenen Erzeugungsarten. Auch hier ist als Zwischenschritt 2037 angesetzt. Bis 2030 sollen 200 GWp Photovoltaik (PV) erreicht werden (also rund 160 GWp Zubau in 8 Jahren), bis 2037 sind dann 260 bis 320 GWp (je nach Szenario) angezielt. Der Zubau würde also nach 2030 deutlich zurück gehen, was keinen Sinn macht, da mit dem zu erwartenden weiteren Preisverfall von PV die Attraktivität weiter steigt.

Unklar ist, warum Pumpspeicher den Erzeugern zugerechnet werden und bei den Speichern generell nur die Leistung, nicht aber die Kapazität benannt wird.

In keinem der Szenarien ist bis 2045 eine 100% erneuerbare Versorgung vorgesehen. Allen Szenarien gemeinsam ist aber, dass von massiven Energieimporten ausgegangen wird, was vorhersehbar teuer wird und Abhängigkeiten schafft. Die aktuellen Erfahrungen z.B. mit Gasimporten sollten hier eine andere Handlungsweise bevorzugen. Dazu kommt, dass der Import von angeblich grünem Wasserstoff aus Regionen, die sich noch nicht selber zu 100% nachhaltig mit Energie versorgen, nur Greenwashing ist. Hier werden die Emissionen dann nur verschoben.

Mindestens fragwürdig ist die Herangehensweise, wie Studien als Grundlage für die Planung ausgewählt wurden, wir zitieren: S. 25 ff „Durch die Auswahl der Studien wird keine Aussage über die Qualität der (nicht-)ausgewählten Studien getroffen. Nach Einschätzung der ÜNB handelt es sich bei den dargestellten Studien um diejenigen, die im Mittelpunkt der öffentlichen und politischen Debatte stehen.“
Es wurde also nicht nach wissenschaftlichen Kriterien vorgegangen, sondern nach Popularität.
Diese vermeintliche Popularität ist auch wieder willkürlich, das heißt in der Summe, man kann Studien als „in der öffentlichen Debatte“ darstellen, eventuell sie gar selbst in die Debatte einbringen und damit wieder deren Auswahl rechtfertigen.

Es werden dann aus diesen nach willkürlichen Kriterien ausgewählten Studien Mittelwerte gebildet, welche als Grundlage für die Szenarien dienen, wobei die Mittelwerte anscheinend auch noch häufig gewichtet werden. Dabei ist auch zu beachten, dass mindestens eine der Studien auf dem Konzept des Degrowth basiert, also einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung.

An keiner Stelle wird im Szenariorahmen untersucht, welche Vor- und Nachteile in dezentralen gegenüber zentralen Strukturen liegen. Statt dessen gilt der zentralistische Ansatz als Grundannahme.

Grundsätzlich ist die Methodik anzuzweifeln, die für die Erstellung des Szenariorahmens verwendet wurde. Das betrifft nicht nur die willkürliche Auswahl der Studien und die nicht begründete Annahme, dass ein zentral orientiertes Netz der richtige Ansatz sei. Es werden auch in vielen weiteren Fällen ganz offensichtlich unzureichende und nicht abgesicherte Zahlen verwendet.

Beispielsweise wird auf den Seiten 37, 38 der zukünftige Strombedarf der Industrie wenig glaubwürdig dargestellt. Demnach soll bis 2037 teilweise ein deutlicher Bedarfszuwachs erfolgen, die meisten Bundesländer stagnieren danach aber komplett. Das ist offensichtlich nicht fundiert, da u.a. durch Neuansiedlungen wie Batterietechnologie und Automobilproduktion in Brandenburg neue Cluster entstehen, bei denen auch ein zukünftiges Wachstum, bzw. Verlagerung aus anderen Regionen zu erwarten ist. Es ist grundlegend falsch zu erwarten, dass keine energieintensive Produktion in Regionen mit lokal gut verfügbarer EE umsiedeln wird.

Für den erwarteten Ausbau der Erneuerbaren (S. 60 Abb. 21) kann man nicht davon reden, dass hier verschiedene Szenarien betrachtet werden, es sind nur minimale Unterschiede zwischen den angenommenen Zahlen, die insgesamt unzureichend sind. Die Ausbauziele für Photovoltaik (S. 74 Abb 26) sind deutlich zu niedrig angesetzt, um zukünftig eine sichere Versorgung zu garantieren.

Dagegen sind die dauerhaft eingeplanten 40 GW an Gaskraftwerken (S. 84 Abb 29) deutlich zu viel und ein dauerhafter Kostenfaktor.

Die Annahmen über den Zubau von Batteriespeichern (S. 92/93) sind viel zu niedrig. Nur 30% der PV-Großanlagen würden demnach in 2030 mit lokalem Speicher ausgerüstet. Wahrscheinlicher ist, dass es 100% sein werden, da durch diese Kombination der Strom abrufbar wird und damit im Wert steigt. Die Kostendegression von Batteriezellen um einen Faktor 10 innerhalb der letzten 10 Jahre und weiter anhaltender Preisverfall zeigen klar, dass Batteriespeicher zum Standard für EE-Anlagen werden.

In Kapitel 7 (S. 107ff) zeigt sich deutlich, dass wesentliche Grundannahmen für den Szenariorahmen falsch sind. Es wird von leicht sinkenden Kosten für fossile Energieträger ausgegangen. Tatsächlich sind die durchschnittlichen Preise aber steigend. Mit diesen Voraussetzungen kann man nur zu einem falschen Ergebnis kommen.

Anhang 1 (S. 110) soll die geplanten Ausbauziele für Erneuerbare in den einzelnen Bundesländern aufzeigen. Leider gibt es hier praktisch keine Angaben, entweder wurden die Länder nicht befragt, oder sie haben keinen Plan. In jeden Fall ist auch mit diesen nicht vorhandenen Planungsdaten kein sinnvolles Szenario möglich.

Fazit:
Der Szenariorahmen verfehlt praktisch alle wichtigen Ziele. Es wird nicht nur keine Nachhaltigkeit geliefert, sondern auch die Versorgungssicherheit massiv gefährdet. Dazu kommt, dass viele der eingeplanten Fehlentwicklungen zu einem massiven Anstieg der Kosten führen würde.

Die Datengrundlage, auf der die Szenarien erstellt wurden, ist bestenfalls fragwürdig, teilweise auch gar nicht vorhanden.

Hauptziel ist es offensichtlich, den Stromhandel noch mehr auszuweiten. Das hat jedoch keinen positiven Effekt für die Stromkunden, im Gegenteil treibt es die Kosten in die Höhe.

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