Innehalten – Analysieren – Ändern – Zukunft gestalten
Die Rolle der Klimagase, insbesondere des CO2 an der Erderwärmung ist unumstritten; ebenso die Tatsache, dass der Anstieg des CO2-Gehaltes in der Atmosphäre von 280 ppm auf heute 410 ppm auf das Wirken des Menschen zurückgeht. Angesichts aktueller Daten muss das 2015 in Paris verkündete Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, bereits als sehr ambitioniert angesehen werden.
Dabei sollte uns bewusst sein: Selbst die Erreichung der Pariser Klimaziele bewahrt uns nicht vollständig vor den Auswirkungen extremer Wetterereignisse, deren gehäuftes Auftreten inzwischen fühlbar in unserer Realität angekommen ist. Klimafolgekosten sind längst zu einer ökonomischen Kennziffer geworden. Jetzt etwas zu deren Minimierung zu tun, erfordert erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie für die massenhafte Anwendung schon vorhandener klimafreundlicher Technologien.
Diese Investitionen sind nicht nur dringend notwendig, sondern bieten auch enorme Chancen der Erschließung neuer Geschäfts- und Betätigungsfelder, die nützlich für die gesamte Gesellschaft sind.
Klimaschutz gibt es definitiv nicht umsonst. Der Schaden, der durch das übermäßige Ausbringen von CO2 in unsere Atmosphäre erzeugt wird, muss reguliert werden. Tun wir nichts, wird es deutlich teurer. Für den einzelnen Bürger wird sich Klimaschutz auszahlen, wenn er ihn in seinen konkreten Handlungen bewusst berücksichtigt.
Wir Piraten begrüßen alle Maßnahmen, die der Verringerung des CO2-Ausstoßes dienen, um den globalen Temperaturanstieg auf ein Maß zu begrenzen, das auch nachfolgenden Generationen ein menschenwürdiges Leben auf der Erde ermöglicht. Wir sehen die Notwendigkeit, sofort zu handeln, nicht als Bürde, sondern als Chance, Neuland zu betreten; technologisch, ökonomisch und nicht zuletzt ökologisch. Wir setzen mit unseren Thesen auf ein gemeinsames Vorgehen von Politikern, Unternehmern, Arbeitnehmern und Konsumenten. Jeder ist aufgefordert, darüber nachzudenken, welchen Beitrag er, sein Unternehmen, seine Stadt, sein Land leisten kann und entsprechend zu handeln.
Weder Grenzen zwischen Ländern noch Grenzen in den Köpfen dürfen uns daran hindern, zusammen aktiv zu werden. JETZT!
1. Chancen moderner Technik nutzen
Umwelttechnologie ist einer der ganz großen Zukunftsmärkte. Die Behauptung, umweltgerechtes Wirtschaften würde Arbeitsplätze kosten, ist grundsätzlich falsch. Das Bestreben Deutschlands sollte es demnach sein, sich als führender Standort für Umwelttechnologie zu positionieren, um in internationalen Wettbewerb nicht abgehängt zu werden.
Konkret fordern wir:
- die massive Ausweitung der Förderung umweltdienlicher Forschungsprojekte
- die Förderung von Pilotprojekten für neuartige technologische Ansätze
- die Subventionierung vorhandener etablierter Technologien, deren breiter Einsatz nur durch zu
hohe Preise gehemmt wird - ein kostengünstiges, flächendeckendes 5G-Netz als Grundvoraussetzung für intelligente
Steuerungen und Regelungen - mehr intelligente Software, die diese Steuerungen und Regelungen übernimmt
Beim Einsatz der neuen Technik muss der Schutz persönlicher Daten jederzeit gewährleistet sein.
2. CO2-Ausstoß von Kohlekraftwerken absenken, Kohlekraftwerke schnellstmöglich abschalten
Gaskraftwerke stoßen pro erzeugter Kilowattstunde nur ca. 35% der von Braunkohlekraftwerken und ca. 50% der von Steinkohlekraftwerken verursachten CO2-Menge aus. Gas ist geringfügig teurer als Braun- oder Steinkohle, stellt aber die bei weitem kostengünstigste und außerdem die am schnellsten realisierbare Maßnahme dar, die durch die Stromerzeugung verursachten CO2-Emissionen deutlich zu verringern.
Gaskraftwerke sind als Brückentechnologie bereits mit ausreichenden Kapazitäten vorhanden. Kohlekraftwerke sollen daher durch die Verkürzung ihrer Betriebszeit
- ab 01.07.2020 nur noch 50% CO2 des monatlichen Referenzwertes des Jahres 2018
- ab 31.12.2021 nur noch 25% CO2 des monatlichen Referenzwertes des Jahres 2018 ausstoßen
dürfen.
Am 31.12.2023 erfolgt die endgültige Abschaltung aller Kohlekraftwerke.
3. Umweltschädliche Subventionen abschaffen
Ca. 42 Milliarden EURO könnten jährlich an Subventionen für umweltschädliche und CO2-produzierende Bereiche eingespart werden. Die frei werdenden Mittel sind bundesweit zweckgebunden für die Förderung von
- Photovoltaik und Windenergie in effizienter Kombination mit Stromspeichern
- umweltfreundliche Verkehrslösungen
- ökologischen Landbau
und anderen umweltfreundlichen Projekten und Technologien zu verwenden.
4. Befreiung von der EEG-Umlage und Netzentgelte abbauen
Über 2000 energieintensive Unternehmen, die zu etwa 18% am Gesamtstromverbrauch Deutschlands beteiligt sind, sind derzeit gänzlich von der Zahlung der EEG – Umlage und der Netzentgelte befreit. Diese vollständige Befreiung motiviert diese Unternehmen einerseits nicht zur Umsetzung energie- und somit CO2-sparender Innovationen. Darüber hinaus belastet die Ausnahmeregelung uns Bürger mit überhöhten Strompreisen.
Daher fordern wir den schrittweisen Abbau dieser bestehenden Vergünstigungen um jährlich 5%.
5. Mehr Bürgerbeteiligung am Strommarkt
Der Strommarkt Deutschlands ist überreguliert. Kleine Stromerzeuger, die ihren Strom aus PV – Anlagen gewinnen oder Bürgerenergiegenossenschaften wurden durch die jüngsten Änderungen im EEG deutlich benachteiligt.
Wir fordern die sofortige Rücknahme dieser Restriktionen und einen uneingeschränkten Zugang kleinerer Stromerzeuger zum Strommarkt. Es kann z.B. nicht sein, dass für selbst erzeugten und verbrauchten Strom EEG – Abgabe und Netzdurchleitungsgebühren gezahlt werden müssen. Mieterstromanlagen müssen bürokratiearm umsetzbar sein.
6. Erhöhung der Luftverkehrsabgabe
Wir fordern eine einheitliche Luftverkehrsabgabe von 42,00 Euro pro Person und Flug ab 01.01.2020.
Die Abgabe soll insbesondere dazu dienen, die Anzahl unnötiger und im Moment deutlich zu billiger Kurzstreckenflüge zu minimieren. Die Einnahmen aus der Abgabe sind zweckgebunden für die Verbesserung der Infrastruktur von Bahn und Öffentlichem Nahverkehr zu verwenden.
7. Steuerliche Regelungen für Verkehr und Heizungen
Die Attraktivität von Bahn und ÖPNV ist durch eine vollständige Mehrwertsteuerbefreiung zu erhöhen. Dienstlich veranlasste Reisekostenpauschalen sind ebenso wie Entfernungspauschalen verkehrsmittelunabhängig zu gestalten, damit die Nutzung von Rad, E-Bike, Elektro- Roller oder Fußwege einer Autofahrt gleich gestellt werden. E-Mobilität und der Einsatz verbrauchsarmer Fahrzeuge soll durch eine moderate Erhöhung der Energiesteuer auf Benzin und Diesel um 3 Cent/Liter gefördert werden. Die Steuer auf Heizöl bleibt zur Vermeidung sozialer Härten unverändert. Es sind jedoch steuerliche Anreize und Zuschüsse für fossilfreie Heizsysteme zu gewähren.
8. Innerstädtischer und Öffentlicher Personennahverkehr
Die Aufteilung des Verkehrsraums in unseren Städten muss den neuen Gegebenheiten angepasst werden. Verkehrswegen für Fußgänger, Rad- und Rollerfahrer ist die höchste Priorität einzuräumen. Der ÖPNV muss schnellstmöglich kostenlos zur Verfügung gestellt und deutlich ausgebaut werden.
Städte ab 40.000 Einwohner werden verpflichtet, Gebiete auszuweisen, in denen ab 2030 nur fossilfreier Verkehr zugelassen wird. Der Fuhrpark der Städte und des ÖPNV ist entsprechend umzurüsten. Durch diese langfristige Planung ist es Anliegern möglich, sich darauf einzustellen. Radzufahrtsstraßen in die Innenstädte müssen ausgewiesen werden, in denen der motorisierte Verkehr nur eingeschränkt und mit angepasster Geschwindigkeit fahren darf.
In den Innenstädten und in den Park & Ride-Bereichen müssen Radparkhäuser zum sicheren Abstellen eingerichtet werden. Desweiteren fordern wir Konzepte zum Umsteigen in P+R Bereichen vom PKW auf ÖPNV und Rad. Die Taktdichte des ÖPNV muss insbesondere in ländlichen Bereichen auch in verkehrsschwachen Zeiten deutlich erhöht werden.
Verkehrsabhängige Leitsysteme sind zur Verbesserung der Verkehrsflüsse einzusetzen. Dazu zählt u.a. ein digitales Parkplatz-Management-System, mit dem per App Parkplätze vor dem dem Einfahren in den städtischen Bereich reserviert werden, um Parkplatz-Suchfahrten (derzeit 30% des innerstädtischen Verkehrs) zu vermeiden.
9. Ausbau eines sicheren Radwegenetzes
Die Führung von Radwegen muss getrennt vom Straßenverkehr zwischen und innerhalb von Städten und Gemeinden erfolgen.
10. Lebendige Innenstädte als Lebensraum und Treffpunkt
Innenstädte werden außerhalb der Geschäftszeiten als unattraktiv empfunden. Da Stadtbewohner ihre Freizeit lieber außerhalb der Stadt verbringen, kommt es an Wochenenden und Feiertagen auf den Ausfallstraßen häufig zur Überlastung aufgrund des Ausflugsverkehrs. Die Belebung der Innenstädte und deren Gestaltung zum attraktiven öffentlichen Lebensraum sind daher ein effektiver Beitrag zum Klimaschutz. Ausflugsverkehr kann so vermieden und der ÖPNV besser ausgelastet werden.
Die Einbindung der Bürger anhand direkter demokratischer Verfahren stellt dabei einen wichtigen Erfolgsfaktor dar und fördert die Gemeinschaft und die Kommunikation.
Rasenflächen sollten in Parks, Grünanlagen in Wohngebieten in Wiesen umgewandelt werden. Eine Wiese besitzt einen höheren ökologischen Wert und verringert Schnitthäufigkeit und den Einsatz von Dünger und Wasser.
11. Gesunde Ernährung – gesundes Klima
In der intensiv betriebenen Landwirtschaft werden riesige Mengen treibhauswirksamer Gase freigesetzt. Das Einsparungspotenzial ist entsprechend hoch. Die CO2-Fußabdrücke von Nahrungsmitteln tierischer und pflanzlicher Herkunft unterscheiden sich stark voneinander; Fleisch verursacht z.B. sehr viel höhere CO2- Emissionen. Mit unserer Ernährung können wir also massiven Einfluss nehmen. Vorweg: wir leiden nicht am Mangel, sondern am Überfluss – zu viele Kalorien, zu viel Fett, zu viel Fleisch, zu viel Zucker, zu viele Angebote und am Ende auch zu viel Müll. Weniger ist mehr lautet die erste Regel einer Ernährung, die unseren tatsächlichen biologischen Bedürfnissen entspricht und gleichzeitig klimafreundlich ist.
Die größte Wirkung erzielen wir, wenn wir unseren Fleischkonsum verringern. Würde die Konsumempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung von 600 g Fleisch- und Wurstwaren pro Woche eingehalten, könnte der jetzige Jahresverbrauch in Deutschland halbiert werden! Eine Fleischsteuer als Lenkungsinstrument lehnen die Piraten ab.
12. Entsorgen von Lebensmitteln minimieren
Jährlich werden in der EU fast 90 Mio. Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Das sind ca. 180 kg pro Einwohner. Durch die Herstellung und den Transport dieser verschwendeten Lebensmittel werden über 300 kg CO2 pro Einwohner frei gesetzt.
Unsere Ansätze zur Minimierung:
- möglichst offener, unverpackter Verkauf von Produkten; führt dazu, dass nur die tatsächlich benötigten Mengen eingekauft werden
- Anpassung des Mindesthaltbarkeitsdatums an die tatsächliche Haltbarkeit,
- Verbot der Lebensmittelentsorgung für den Handel bzw. Verpflichtung diese an soziale Einrichtungen, z.B. Tafeln abzugeben
- finanzielle Förderung moderner Kühltechnik.
13. Umweltfreundliche Landwirtschaft
Die Agrarsubventionen der EU belaufen sich jährlich auf über 55 Mrd. Euro. Diese Subventionen werden nach der Größe der bewirtschafteten Fläche vergeben, was prinzipiell Agrargroßbetriebe und Massenproduktion bevorteilt. Darüber hinaus kommen Teile der o.g. Summe nicht einmal den Bauern zugute. Dies ist aus ökologischer Sicht unverantwortlich. Klimaschädliche Agrarsubventionen sind deshalb konsequent zu vermeiden und die frei werdenden Mittel der bäuerlichen Landwirtschaft und der Landschaftspflege zuzuführen.
Landwirtschaft kann wesentlich zur CO2-Reduktion durch verstärkten Humusaufbau im Boden beitragen. Durch Humus kann CO2 in Form von Kohlenstoff dauerhaft im Boden gebunden werden. Mit dem Humusgehalt steigt außerdem die Speicherfähigkeit für Nährstoffe und Wasser im Boden.
14. Naturnahe Wälder
Wälder sind aufgrund ihres hohen Nutzens für Menschen, Landschaft, Boden, Wasser, Luft, Klima, Tier- und Pflanzenwelt zu schützen. Insbesondere sind Wälder wichtige CO2-Speicher, wobei natürlich wachsende Wälder diese Funktion am besten erfüllen können. Auch im Interesse der Forstwirte fordern wir eine stärkere Hinwendung zur naturnahen Waldwirtschaft mit einheimischen Baumarten. Die massiven Schäden durch Witterung und Borkenkäferbefall haben die Nachteile der Monokulturen drastisch aufgezeigt.
15. Verlängerung der Produkt-Gewährleistung
Durch die Verlängerung der Produkt-Gewährleistung von 24 auf 36 Monate werden Austausch-Zyklen verlängert und natürliche Ressourcen geschont. Bewusst herbeigeführte Defekte von Produkten nach Ablauf der Gewährleistung sind per Gesetz zu sanktionieren.
16. Müll vermeiden, Kreislaufwirtschaft fördern
Kunden können mit ihrer Kaufentscheidung erheblich dazu beitragen, umweltschädliche Produkte und Dienstleistungen zu vermeiden. Folgende Fragen sollten gestellt werden:
- Wird das Produkt tatsächlich benötigt?
- Welche Auswirkungen hat es auf die Umwelt insgesamt?
- Wurde bei der Produktentwicklung die Umwelteinwirkung über den gesamten Lebenszyklus beachtet?
- Kann das Produkt mehrfach benutzt werden?
- Ist eine teilweise oder vollständige geschlossene Kreislaufwirtschaft möglich?
- Kann das Produkt kompostiert werden?
17. Stärken der internationalen Zusammenarbeit
Effektiver Klimaschutz muss international koordiniert werden. Die aktuelle Wirtschaftspolitik bedarf aufgrund ihrer negativen globalen ökologischen Auswirkungen, der Nichteinhaltung der Menschenrechte und Nachhaltigkeitsziele der UN dringend einer Neuausrichtung.
Das bedeutet:
- Verminderung der Herstellung klimaschädlicher, dafür Erhöhung der Produktion klimafreundlicher Produkte,
- Sofortige deutliche Reduzierung des Warentransfers von Rohprodukten, die die Ökologie der Herkunftsländer nachhaltig schädigen (Palmöl, Soja als Futtermittel)
- Entwicklungshilfe muss dem Wortsinne gerecht werden und darf nicht länger vorrangig das Ziel verfolgen, das in den Zielländern investierte Kapital zu vermehren.